HELEN

Die Musikhochschuldozentin Helen hat eigentlich alles, was man sich wünschen kann: Einen Mann, der sie liebt, und eine kleine 13 jährige Tochter, die scheinbar problemlos durch die Phase der Pubertät gelangt, und über Geld muss sie sich auch keine Sorgen machen. Doch das alles wird überschattet von einer schweren psychischen Belastung, die sie an den Rand zum Selbstmord drängt.

Helen rutscht in eine Depression, von ihrem Mann und der Tochter zunächst unbemerkt. Doch handelt es sich hier nicht um eine kleine Flaute, die sich mit einfachen Mitteln, wie zum Beispiel ein paar Tage Abstand, wieder vertreiben liesse, sondern um eine ausgewachsene, ernsthafte depressive Störung. Die Krankheit treibt die Familie immer weiter auseinander, bis sie sich letztendlich komplett von ihrem Mann und ihrer Tochter abwendet. Die einzige Person, die sie zu dieser Zeit noch zu verstehen scheint, ist eine ihrer Studentinnen, Mathilda, die selbst unter einer psychischen Beeinträchtigung leidet. Zusammen gründen sie eine Art Zweck WG, in der sich beide gegenseitig beistehen können. Aus einem vagen Gefühl der Antriebslosigkeit erwächst für Helen die Überzeugung, wertlos zu sein, die Probleme kumulieren schliesslich in einem für Aussenstehende nicht nachvollziehbaren Selbstmordversuch.

So deutlich, wie Helen (Ashley Judd), die Phasen einer depressiven Erkrankung durchlebt und für den Zuschauer erfahrbar macht, wurde das Thema noch nie dargestellt. Natürlich ist die Entwicklung der Krankheit chronologisch stark gestaucht, doch verdeutlicht diese dramaturgisch notwendige Straffung der Entwicklung die einzelnen Symptome für das Publikum umso mehr. Auch die Dialoge sind stark geschliffen. Es fallen genau die Kern- und Schlüsselsätze, die den Nagel immer wieder auf den Kopf treffen. Trotzdem oder vielleicht deswegen bleiben die Verzweiflung aller Beteiligten und die Ohnmacht, der Krankheit ausgeliefert zu sein, stets greifbar im Raum.

Die Regisseurin Sandra Nettelbeck konnte das überaus heikle Thema nur aufgrund ihrer persönlichen Erfahrung mit so viel Fingerspitzengefühl angehen und ein derart intensives Filmerlebnis schaffen. Das Thema Depression wird beispielhaft an den stark ausgeprägten Fällen der Helen und der Mathilda anschaulich vorgeführt. Auch die Machtlosigkeit und die Co-Depressivität des direkten Umfeldes des Patienten inklusive Niedergang werden eingehend beleuchtet. Dabei ist die Entwicklung der Krankheit im Film auf jedermann anzuwenden. Die Parallelen zu einer weniger starken Variante der Erkrankung sind leicht zu

erkennen. Der Film ist viel mehr als nur ein Drama, sondern könnte für Betroffene zum alles entscheidende Lichtblick am Ende des Tunnels werden.

Sandra Nettelbeck widmet den Film ihrer Jugendfreundin Katinka, die sich 1995 im Alter von 30 Jahren das Leben nahm.

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